Jeder hat sie, die eine, die einzige - seine Motorrad(Biker) Hausstrecke. Die Straße die man fast schon mit geschlossenen Augen kennt, von der man hie und da nachts träumt, die Strecke die man mindestens einmal in der Woche fährt. Du spürst den leichten Fahrtwind, der mit dem Klang des Motors und dem Aroma der frischen Landluft verschmilzt. Die Hausstrecke ist um zu entspannen, ausspannen, relaxen oder einfach einmal alles, wirklich alles hinter sich zu lassen und nur mit dir selbst und deinem Bike zu sein.
Meine Hausstrecke ist nicht sehr kurvenreich, auch landschaftlich nicht zu vergleichen mit Alpentälern oder den Pässen in den Dolomiten mit traumhafter Aussicht. Aber sie ist auch nicht immer schnurgerade und unsere Dörfer, Städte und die Schönheit unserer Landschaft hier in unserem Südburgenland und der Oststeiermark sind auch nicht zu verachten. Ja, meine Hausstrecke die hat schon was, ich fahre durch eine sanft hügelige Landschaft, die Straße windet sich durch grüne Wiesen und Wälder, die in der Ferne den Horizont berühren.
Was bei uns aber jedenfalls das Beste ist, ist das wir hier viel, viel weniger Verkehr haben als in den westlichen Bundesländern. Manchmal glaube ich bei einer meiner Ausfahrten auf meiner Hausstrecke ich bin alleine auf dieser Welt. Es kommt mir an bestimmten Tagen und Zeiten kein Auto, kein Motorrad entgegen oder ist hinter mir, einfach nichts, absolut nichts :-)
Ob Frühjahr, Sommer oder im Herbst, ich starte meist nach getaner Arbeit am späteren Nachmittag. Meine Hausstrecke beginnt mit einer Serpentine, ein paar Kehren (!) und Kurven, dann durch eine große Bezirkshauptstadt. Hier sehe ich meist die Leute im Außenbereich der Straßencafes, Bars, Restaurants sitzen, die schauen zu mir und denke sich vielleicht "Oh, was für eine schöne rote naked Boxer BMW kommt denn da daher ...". Sie sitzen entspannt in der Abendsonne, plaudern und genießen das Leben. Hier und da kann man das Lachen im Gastgarten oder den Cafes am Straßenrand hören, bei Kaffee und Kuchen oder bei einem kühlem Blonden. Oder einem Aperol Spritz, ja genau der, der so schmeckt wie abgestandenes Abwaschwasser, etwas aufgezuckert und dazu künstlicher Orangengeschmack ...
Meine Reise geht weiter, erstmals geht's' ziemlich geradewegs und schnurstracks dahin, durch ein paar verträumte Dörfer wo sich schon am späten Nachmittag Fuchs und Hase "Gute Nacht" sagen. Dann die das nächste Städtchen und es wird danach wieder etwas kurvenreich. Es folgt ein wunderbarer Ausblick auf eine mächtige Burg und ab geht's' in ein langgezogenes Tal wo sich die Sonne anschmiegt. Es liegt hier etwas in der Luft, das kann man nicht beschreiben, da geht einem das das Herz auf, einfach traumhaft, einfach herrlich ...
Mit jedem Kilometer kommst du an kleinen verschlafenen Dörfern vorbei, hie und da siehst du eine alte Kirche, deren Turm über die Dächer der niedrigen Häuser hinausragt. Das Ganze wirkt ruhig und idyllisch – fast wie in einer anderen, vergangenen Zeit. In den Straßen liegen die Schatten der Bäume, die das Licht der untergehenden Sonne sanft brechen und alles in ein goldenes Licht tauchen.
Die Fahrt selbst fühlt sich beruhigend an. Kein Stress, kein Lärm, nur du, dein Motorrad und die Landschaft. Die Hügel, die sich vor dir auftürmen, die weiten Felder, die von der Sonne in warmen Farben erleuchtet werden, und die Ruhe der Dörfer verleihen der Strecke eine besondere Magie, die den Alltag vergessen lässt.
Dann wird's wieder kurvig, es geht durch schattige Wälder, danach vorbei an einer bekannten oststeirischen Therme, danach Kurvengeschlängel und da kommt schon die nächste Bezirksstadt. Jetzt wird es wieder flacher, links und rechts Wiesen und Äcker und wieder wenig bis kein Verkehr. Das nächste Highlight ist wieder eine Bezirksstadt mit einer stattlichen Burg die alles überragt und von der aus man weit ins Land und sogar in die ungarische Tiefebene blicken kann.
Dann geht's wieder in meine Richtung nach Hause, außer ich mache noch einen kurzen Abstecher zu "meinem" Motorradclub. Oder doch einen Zwischenstop zum Tennisclub meines Heimatorts, denn da bin ich auch Mitglied. Oder doch zum Wirt meines Vertrauens oder vielleicht lieber gleich nach Hause zu Frauchen und meiner Labradorhündin Amy und zum Abschluss ein kühles Blondes auf der Terrasse ... ?
Jedenfalls sind es immer wieder herrliche, so um die 120 Kilometer, die da von mir total entspannt runtergespult werden. Die Hausstrecke hat jedenfalls das gewissen Etwas, das ist sicher. Und nicht zu vergessen die verschiedenen Jahreszeiten. Im Frühjahr stehen die Obstbäume in voller Blüte. im Sommer riecht man das Heu und der Herbst. Ja der Herbst ist, wenn sich die Nadel- und Laubbäume golden verfärben, sowieso meine Lieblingjahreszeit. Außerdem werden um diese Jahreszeit die Äcker bebaut, man riecht die frisch gepflügte und aufgeworfene Erde, einfach wunderbar ...
Ja, meine Hausstrecke, das ist die perfekte Mischung aus Abenteuer und Entspannung – einfach nur mein Bike, die Straße - und ich ...
In diesem Sinne ...